Mobbing – den Teufelskreis durchbrechen

Mobbing – den Teufelskreis durchbrechen

„Was ist nur mit dir los?“ Auch wenn Ihr Kind diese Frage mit „nichts“ beantwortet, könnten Warnsignale wie schlechte Schulleistungen, Schlafstörungen oder Nervosität ein Hinweis sein, dass es von Mobbing betroffen ist. Eine aktuelle Studie beweist, dass rund die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler in Deutschland gemobbt wird. Ein neuer Ansatz verspricht eine schnelle Deeskalation.

Mobbing kennt ganz verschiedene Spielarten – von subtilen Gemeinheiten bis hin zur offenen Aggression: Schülerinnen und Schüler werden beispielsweise ausgegrenzt, gehänselt, beleidigt, gedemütigt oder geschlagen. Im Internet schütten derart traktierte Jugendliche ihr Herz aus. Berührende Einträge finden sich in einem Schüler-Mobbing-Weblog, in dem ein Mädchen schreibt: „Mir geht es total mies. Fast alle in meiner Klasse nutzen mich aus und mobben mich! Ich halt das nicht mehr aus. Alle sehen darüber hinweg. Warum unternimmt keiner was dagegen?“

Aktuelle Studie veröffentlicht

Eine Projektgruppe des zepf (Zentrum für empirische pädagogische Forschung der Universität Koblenz-Landau) hat jetzt die Ergebnisse einer umfangreichen Online-Befragung vorgelegt, an der rund 2.000 Schülerinnen und Schüler von der 1. bis zur 13. Klasse teilgenommen haben. Prof. Reinhold S. Jäger, geschäftsführender Leiter des zepf und Autor der Studie „Mobbing bei Schülerinnen und Schülern in der Bundesrepublik Deutschland“ ist der Ansicht, dass die Gesellschaft sofort handeln müsse.

Jeder Zweite wurde Mobbingopfer

Über die Hälfte (54,3 Prozent) der Schülerinnen und Schüler, die an der Befragung teilgenommen hatten, gab an, innerhalb von zwei Monaten mindestens einmal von direktem Mobbing betroffen gewesen zu sein. Hochgerechnet auf alle Schüler müsste man also von 6,6 Millionen Mobbingopfern ausgehen. „Selbst wenn man bedenkt, dass vermutlich Betroffene eher an der Befragung teilgenommen haben als Nicht-Betroffene, müssen diese Zahlen bedenklich stimmen“, erklärt Professor Jäger.

Experten fordern: Gewalt verdammen

Das Team um Professor Jäger stellt daher vier Forderungen auf:

  • Gewalt muss gerade in einer Demokratie geächtet werden.
  • Eltern müssen gestärkt werden, damit nicht Gewalt von ihnen auf die Kinder ausgeht.
  • Die in Erziehung und Bildung Tätigen sind zu schulen, damit sie Gewalt erkennen, Gewaltprävention durchführen und betroffene Kinder und Jugendliche schützen können.
  • An allen Schulen müssen langfristig ausgelegte Gewaltpräventionsmaßnahmen durchgeführt werden.

Tipps vom Fachmann

Und Professor Jäger rät Eltern, deren Kinder Opfer von Mobbing wurden:

  1. Schämen Sie sich nicht! Das kann jedem anderen Kind auch passieren!
  2. Zeigen Sie keine Überreaktionen! Die Polizei einzuschalten ist oft der falsche Weg! Gehen Sie einen Weg, der dem Opfer verdeutlicht, Schule und Eltern verachten jede Form von Gewalt. Und kommen Sie zu einer Übereinkunft, wie die Schule mit Gewalt umgeht.
  3. Gehen Sie nicht zu den Eltern des Täters! Das ist Aufgabe der Schule oder auch von Schulpsychologen oder Sozialarbeitern.
  4. Machen Sie Ihr Kind stark – nicht durch Körperstärke, sondern dadurch, dass es einem Täter gegenüber besser auftreten kann!
  5. Machen Sie klar, dass Ihr Kind Ihnen immer vertrauen kann, gerade in einer solchen Situation.
  6. Überlegen Sie gemeinsam mit Freundinnen und Freunden Ihres Kindes, was diese zusammen mit Ihrem Kind unternehmen können, um einen besseren Schutz einzuleiten.
  7. Machen Sie der Schule keine Vorwürfe, weil sich Gewalt eher im Verborgenen vollzieht und Erwachsenen meist nicht zugänglich ist. Überlegen Sie aber gemeinsam mit der Schule, wo Orte in der Schule sind, an denen häufiger gemobbt wird, und wie diese Orte besser beaufsichtigt werden können. Damit wird den Tätern der Boden entzogen.

Keine Strafe, keine Schuldzuweisung

Ein neuer Ansatz, um Mobbing unter Schülern zu begegnen, ist der sogenannte No-Blame-Approach. Details dazu lesen Sie

Andrea Stickel

Die Münchner Journalistin und Fachbuchautorin Andrea Stickel ist auf Themen rund um Gesundheit und Sicherheit spezialisiert. Den Spagat zwischen Kind und Karriere meistert sie mit Humor und Improvisationstalent.



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