Schüchterne Kinder haben es in der Schule schwerer

Schüchterne Kinder haben es in der Schule schwerer

Schüchterne Kinder werden in der Schule viel weniger wahrgenommen. Sie fallen den Lehrern weniger auf, sind weniger bekannt und haben auch weniger Freunde. Das kann sich auch auf die Noten auswirken. Doch sie können Ihrem Kind helfen, seine Schüchternheit zu überwinden!

Prof. Georg Stöckli von der Universität Zürich erläuterte diesen Sachverhalt bei der Bildungsmesse Didacta (18.-23. Februar) in Stuttgart. Eine mehrjährige Untersuchung habe gezeigt, dass von den Schülern, die von den Lehrern im ersten Schuljahr als „sehr gut bekannt“ eingeschätzt wurden, nicht schüchtern waren. Im dritten Schuljahr seien dies immer noch 85 Prozent. Insgesamt gelten gut 15 Prozent der Kinder als „überdurchschnittlich schüchtern“. Allerdings klaffen beim Thema Schüchternheit die Selbst- und die Fremdwahrnehmung oft auseinander.

Schüchterne Kinder werden häufig vom Lehrer unterschätzt

Viele Erwachsene, die in ihrer Schulzeit eher schüchtern waren, haben dies als sehr leidvoller Erfahrung in Erinnerung. Sie hatten Probleme, Kontakte zu knüpfen und waren gehemmt, mit den anderen zu sprechen. Sehr oft hängt Schüchternheit mit großen Minderwertigkeitsgefühlen zusammen. Schüchterne Kinder weisen häufig schon im Kindergarten eingeschränkte sprachliche Fähigkeiten auf und zeigen weniger Erfolgszuversicht als andere Kinder.

Eine Studie von Prof. Stöckli zeigte, dass schüchterne Kinder in allen sprachlichen Fächern schlechter abschneiden. In Mathematik betrifft dies interessanterweise vor allem schüchterne Schülerinnen. Dies ist allerdings nicht der Fall, wenn die Lehrkraft weiblich ist.

Generell gilt: Schüchterne Kinder zeigen in der Regel keine schlechteren schulischen Leistungen als ihre Klassenkameraden. In der Regel liegt das Problem häufig vielmehr darin, dass sie von den jeweiligen Lehrern unterschätzt werden.

Suchen Sie das Gespräch mit dem Lehrer

Es gilt also, die Lehrer auf diesen Zusammenhang aufmerksam zu machen. Der Elternsprechtag ist zum Beispiel eine gute Gelegenheit, eine solche Vermutung zu äußern. Achten Sie allerdings darauf, dass dies nicht in Vorwürfen oder Unterstellungen mündet. Damit tun sie sich, ihm und Ihrem Kind keinen Gefallen. Es geht lediglich darum, den Lehrer in diese Richtung zu sensibilisieren.

Vielleicht kann man auch gemeinsam überlegen, wie man in Zukunft schüchterne Kinder besser in den Unterricht integrieren kann.

Helfen Sie Ihrem Kind, seine Schüchternheit zu überwinden

Auch daheim können Sie etwas tun. Da Schüchternheit oft mit Minderwertigkeitsgefühlen zusammenhängt, ist es sinnvoll, dort anzusetzen. Geben Sie Ihrem Kind mehr Selbstvertrauen, zeigen Sie ihm, dass es wichtig ist und dass Sie sich für seine Ansichten und Bedürfnisse wirklich interessieren. Sprechen Sie ihm Mut zu und versuchen sie zu vermitteln, dass es im Grunde „nicht schlimm“ ist, mehr auf andere Menschen zuzugehen. Verschaffen Sie kleine Erfolgserlebnisse. Das können ganz alltägliche kleine Veränderungen sein: Kaufen nicht Sie ihrem Kind das Eis, sondern lassen Sie es selbst mit dem Eisverkäufer sprechen. Das selbe gilt für viele andere Gelegenheiten. Je mehr hinterher deutlich wird, dass es „gar nicht so schlimm“ war, um so offener wird Ihr Kind demnächst auf andere zugehen. Werfen Sie ihm jedoch seine Schüchternheit nicht vor und seinen Sie auch nicht zu forsch mit Ihrem „Hilfsprogramm“. Wenn jemand von Natur aus schüchtern ist, braucht er sehr viel Zeit, um dies Stück für Stück überwinden zu können.

Fördern Sie Freundschaften und Freizeitaktivitäten

Unterstützen Sie die Freundschaften Ihres Kindes, denn dort bekommt es wertvollen Zuspruch und es merkt, dass es gemocht wird. Es kann auch eine gute Maßnahme sein, wenn Sie Ihr Kind ermutigen, in einen Sportverein zu gehen. Wenn es etwas gut kann, wird sich dies sehr positiv auf das Selbstbewusstsein auswirken. Zwingen Sie ihm jedoch  nichts auf und lassen Sie es selbst entscheiden. Wenn es in Fußball eher mittelmäßig bis unbegabt ist, wird es im Fußballverein schlecht aufgehoben sein. Aber wie wäre es mit Schwimmen, Fechten, Kartfahren, Judo oder Wasserball? Erkundigen Sie sich über das lokale Sportangebot für Kinder und Jugendliche. Der Zuspruch der Sportkameraden und die ersten Erfolgserlebnisse können helfen, die Schüchternheit Stück für Stück zu überwinden. Natürlich muss es kein Sportverein sein – man kann sich z.B. auch bei den Pfadfindern anmelden, in einem Chor singen, einer Theatergruppe beitreten oder ein Instrument spielen lernen.

Aus einem schüchternen wird selten ein absolut selbstsicheres Kind werden. Aber man kann Schritt für Schritt daran arbeiten, die Schüchternheit ein gutes Stück zu überwinden. Das wird sich nicht nur positiv auf die Schulnoten, sondern auch auf das soziale Leben und später auf Erfolg in Studium und Berufswelt auswirken.


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